Investieren: Geteilter Wohlstand für die Vielen

Worum geht es?

Im ersten Kapitel geht es ums Geld. Wir erklären, wie wir ein erstklassiges Sozialsystem, Klimaschutz und eine hervorragende Infrastruktur finanzieren können.

Warum ist das wichtig? 

Ohne massiv erhöhte Staatsausgaben wird es keine Energie- und Mobilitätswende geben, keine sicheren Renten, keine bezahlbaren Wohnungen, kein zuverlässiges Gesundheitssystem – kurz: keinen geteilten Wohlstand für die Vielen.

Häufig scheitert es scheinbar am Geld. Doch das muss es nicht. Geteilter Wohlstand ist möglich – wenn wir unser Geldsystem demokratisieren und die Barrieren in unseren eigenen Köpfen abbauen.

Wie soll das gehen?

Wir wollen höhere staatliche Ausgaben ermöglichen, indem wir auf eine moderne, ermöglichende Geldpolitik setzen. Das bedeutet, dass wir Geld nicht länger als begrenzte Ressource begreifen. Staaten müssen Geld nicht erst einnehmen, um es ausgeben zu können. Im Gegenteil: Staaten erschaffen das Geld, das sie ausgeben, selbst. Wollen sie mehr ausgeben, ist das grundsätzlich also möglich.

Die aktuellen Regeln und Gesetze in Deutschland und der EU verhindern, dass wir wichtige Investitionen tätigen, und verschärfen die Ungleichheit immer mehr. Wir wollen deshalb die Spielregeln der Geldpolitik ändern. Dazu gehört auch eine grundsätzliche Reform des Euros.

3 wichtige Ziele:

  • Die Schuldenbremse abschaffen
  • Pragmatische Lösungen, um Sofortinvestitionen zu ermöglichen
  • Den Euro demokratisieren


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Staatsausgaben: Geld ist keine begrenzte Ressource

Das geld- und fiskalpolitische Verständnis ist in weiten Teilen der Bundesrepublik Deutschland veraltet und falsch. Es betrachtet den Staat als einen wirtschaftlichen Akteur unter vielen, der mit knappen Mitteln haushalten muss. Dieses Bild lehnen wir ab. Dass Staatsausgaben künstlich begrenzt werden, nutzt vor allem einer kapitalistischen Klasse, schadet aber dem Mittelstand, den Armen und dem Planeten.

Wir wollen die Möglichkeiten moderner Geldpolitik nutzen, um gut bezahlte, sinnstiftende Arbeitsplätze zu schaffen, in zukunftsweisende Technologien und Industrien zu investieren, die Klimakrise zu bekämpfen und die Sozialsysteme dauerhaft und für alle auf sichere Beine zu stellen. Unsere Gesellschaft steht vor großen Herausforderungen – aber Geldknappheit ist keine davon.

Wir wissen, dass Arbeitskraft, natürliche Rohstoffe, die Gesundheit von Menschen und die unseres Planeten begrenzte Ressourcen sind. Geld dagegen ist, zumindest für Staaten mit geldpolitischer Souveränität, keine begrenzte Ressource. Wir können uns leisten, was wir tun wollen. In der Eurozone ist die geldpolitische Souveränität zwar durch politische Entscheidungen eingeschränkt worden, trotzdem existieren bereits heute große Spielräume, die wir nutzen wollen. Mittelfristig wollen wir die künstlichen Einschränkungen des Eurosystems abschaffen.

Anders als häufig angenommen sind staatliche Defizite nicht per se schlecht. Vom Staat geschöpftes Geld muss nicht zurückgezahlt werden. Staatsdefizite sind also Wohlstandsgewinne für die Bevölkerung. Die Ausgaben eines Staates sind unser Vermögen. Die wahren Defizite sind nicht die Bilanzen eines Staates, sondern das Defizit an guten Jobs, das Defizit im Umweltschutz, das Defizit an Bildungsgerechtigkeit und das Demokratiedefizit aufgrund der extremen Vermögensungleichheit.

Eine massive Erhöhung der Staatsausgaben ist aus sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Gründen zwingend notwendig. Die einzige Begrenzung ist die tatsächliche Inflation. Weil es trotz der expansiven Geldpolitik der letzten Jahre keinen zu hohen Inflationsdruck in der Eurozone gibt, sind massiv erhöhte Staatsausgaben möglich und sinnvoll. Ziel einer solchen Politik müssen Preisstabilität, Vollbeschäftigung bei reduzierter Arbeitszeit, sozialer Fortschritt und der Schutz der Ökosysteme und des Klimas sein. Um die Eurozone gegen Inflation durch Angebotsschocks abzusichern, arbeiten wir an der Beseitigung von akuten Engpässen und unterstützen den Aufbau europäischer und lokaler Produktionskapazitäten.

  • Die Spielregeln der Haushaltspolitik neu denken

Wir stehen für die ersatzlose Streichung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz, das Ende des europäischen Fiskalpakts, die Streichung der Europäischen Defizitgrenzen und aller weiteren geld- und fiskalpolitischen Regeln, die die Handlungsfähigkeit des Staates unnötig einschränken. Wir wollen ferner die direkte Finanzierung von Staatsausgaben über die Europäische Zentralbank ermöglichen. Private Banken als Intermediäre zwischen Staaten und Zentralbank halten wir dagegen für überflüssig.

  • Unmittelbaren Fortschritt durch pragmatische Lösungen erzielen

Wir werden kreative Behelfslösungen implementieren, falls es für die vorgenannten Maßnahmen nicht die notwendigen Mehrheiten gibt. So können öffentliche Investitionsgesellschaften oder Förderbanken (z.B. die KfW und die Landesbanken) angewiesen werden, ihre Tätigkeiten in sozialen und ökologischen Bereichen stark auszuweiten. Ferner kann das Finanzministerium mittels handelbarer Steuergutschriften seine finanziellen Spielräume trotz bestehender Defizitgrenzen ausbauen.

  • Bestehende Schulden durch die EZB refinanzieren

Um die Staaten der Eurozone, darunter Deutschland, unmittelbar zu entlasten und fiskalpolitischen Spielraum freizusetzen, treten wir für eine vollständige Refinanzierung ihrer bestehenden Schulden mittels zinsfreien Krediten der EZB ein.

  • Die Umsatzsteuer grundsätzlich überdenken

Staaten mit Währungssouveränität sind für ihre Ausgaben nicht auf Steuereinnahmen angewiesen – dies gilt auch bei der Umsatzsteuer. Die Besteuerung von Unternehmensumsätzen hemmt auf unnötige Weise deren Kaufkraft sowie die der Verbraucher:innen und wirkt sich damit negativ auf die Konjunktur aus. Anders als die Besteuerung von Unternehmensgewinnen hilft sie zudem nicht bei der Bekämpfung von Marktungleichgewichten oder sozialer Ungleichheit. Wir sprechen uns daher dafür aus, Umsatzsteuer in Zukunft nur noch zum Zwecke der Konsumlenkung auf bestimmte, z.B. gesundheitsschädliche, Waren und Dienstleistungen zu erheben. Alle anderen Geschäftsformen sind von der Umsatzsteuer zu befreien. Um auch weiterhin die Souveränität der Bundesländer zu garantieren, wollen wir die Regelung, dass den Ländern ein Teil der Umsatzsteuer zusteht, mit grundgesetzlich geschützten Direktzahlungen des Bundes an die Ländern ersetzen.

  • Kommunale Finanzen dauerhaft sichern

Kommunale Leistungen müssen stets gesichert und für alle zur Verfügung stehen. Wir wollen deshalb die Finanzen der Kommunen dauerhaft auf ein sicheres Fundament stellen. Kommunale Haushalte sollen durch Pro-Kopf-Zuweisungen finanziert werden, statt über volatile, konjunkturabhängige kommunale Steuereinnahmen und Gebühren. Kleine Kommunen wollen wir mit höheren Pro-Kopf-Zuweisungen besonders unterstützen. Der Bund soll den Ländern die dafür notwendigen Mittel bereitstellen. Konjunkturabhängige Sozialausgaben sollen nicht Teil der kommunalen Pflichten sein, sondern direkt vom Bund geleistet werden. Stark verschuldete Kommunen wollen wir über Refinanzierungen durch den Bund entlasten.

Währung: Den Euro demokratisieren

Durch die Währungsunion haben die Mitgliedsstaaten der Eurozone ihre geldpolitische Souveränität in weiten Teilen aufgegeben. Zugleich gibt es bisher keine europäische Staatlichkeit, sodass die Bürger:innen der Eurostaaten die Kontrolle über ihre Währung an eine Elite aus Bänker:innen und Beamt:innen verloren haben. Das wollen wir ändern. Wir wollen den Euro demokratisieren, indem wir Geldpolitik vollständig in die Hände gewählter Parlamente legen.

Wir erkennen an, dass die Bundesrepublik Deutschland in entscheidender und führender Rolle zur Entdemokratisierung der Geld- und Fiskalpolitik in Europa beigetragen hat und nach wie vor beiträgt. Ferner erkennen wir an, dass die Bundesrepublik ihre wirtschaftliche und politische Macht genutzt hat und weiterhin nutzt, um Mitgliedsstaaten der Eurozone zu erpressen und neoliberale Reformen und Sparpolitik zu erzwingen. Wir wissen um das Leid und Elend, in welches diese Politik Millionen Menschen in ganz Europa gestützt hat, und stehen solidarisch an ihrer Seite.

Das vorherrschende neoliberale, marktneutrale Paradigma der Europäischen Zentralbank lehnen wir ab. Geldpolitik muss auf Nachhaltigkeit, soziale Sicherheit und Wohlstand für alle Bürger:innen Europas abzielen.

  • Die wirtschaftliche Souveränität unserer Nachbarn respektieren

Deutschland darf nicht der Zuchtmeister Europas sein. Wir fordern ein Ende der erpresserischen deutschen Wirtschaftspolitik. Nie wieder soll sich die Bundesrepublik daran beteiligen, andere Staaten zu neoliberalen Reformen und Sparpolitik zu zwingen. Demokratisch legitimierte Parlamente müssen die volle Kontrolle über die Fiskalpolitik auf ihrer Zuständigkeitsebene zurückerhalten.

  • Erzwungene Privatisierungen rückgängig machen

Europäische Infrastruktur ist keine Insolvenzmasse. Wir setzen uns ein für die Restituierung von ehemals öffentlichen Unternehmen, die im Rahmen von Sparmaßnahmen privatisiert und nach Deutschland verkauft wurden, zum Beispiel griechische Flughäfen an die Fraport AG.

  • Das ESZB transparent und demokratisch gestalten

Unser Ziel ist eine Bundesrepublik, die sich für die Demokratisierung des Euros und des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) einsetzt. Intransparente und informelle Gremien mit großer Macht wie die Euro-Gruppe und die Troika darf es nicht geben. Wie jedes andere Politikfeld muss auch die Währungspolitik öffentlicher und demokratischer Kontrolle unterliegen. Die Grundzüge der europäischen Geldpolitik sollen deshalb künftig vom europäischen Parlament kontrolliert und gesteuert werden. Die täglichen Geschäfte soll ein:e vom europäischen Parlament eingesetzte:r und kontrollierte:r Finanzminister:in übernehmen. Solange das nicht der Fall ist, sollen Sitzungen der Euro-Gruppe live im Internet gestreamt werden, um ein Mindestmaß an Transparenz zu ermöglichen.

  • Geldpolitik neu ausrichten

Die Bundesrepublik soll sich für neue Regeln für die Europäische Zentralbank einsetzen. Wir befürworten ein neues Mandat für die EZB, bestehend aus Preisstabilität und Vollbeschäftigung bei reduzierter Arbeitszeit, sozialem Fortschritt und dem Schutz der Ökosysteme und des Klimas. Über die Richtlinienkompetenz des Europäischen Parlaments soll die EZB dazu beauftragt werden können, mittels strategischer Appelle (Window Guidance), finanzpolitischer Anreize oder direkter Marktintervention zu einer aktiven, modernen und ökologisch nachhaltigen europäischen Industriepolitik beizutragen. Um die sogenannte Kohlenstoffblase im Bankensystem abzubauen, soll die EZB fossile Vermögenswerte nicht länger als Sicherheit akzeptieren. Die vorherrschende Idee einer sogenannten inflationsstabilen Arbeitslosenquote (NAIRU), die behauptet, dass ein gewisses Maß an Arbeitslosigkeit – eine Art Reservearmee an Arbeitslosen – stets nötig sei, um Inflation zu vermeiden, halten wir für einen schlechten (und falschen) Indikator, der Millionen Menschen in unverschuldete Armut und Perspektivlosigkeit stürzt. Sie soll nicht länger handlungsleitend für die EZB sein.

  • Gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht herstellen

Wir streben einen Abbau der wirtschaftlichen Ungleichgewichte innerhalb Europas an, indem wir die deutsche Binnennachfrage wesentlich stärken und eine Europäische Clearing Union (ECU) einführen. In ihr werden Länder mit hohen Handelsüberschüssen mit Strafzahlungen belegt werden, die wiederum Ländern und Regionen mit Handelsdefiziten zugute kommen sollen. Mittelfristig sollen so die Handelsströme im EU-Binnenmarkt ausbalanciert werden und gleichwertiger Wohlstand in allen Regionen des Kontinents entstehen.

  • Eine gemeinsame Fiskalpolitik auf EU-Ebene

Wir setzen uns für die Ausweitung der gemeinsamen europäischen Fiskalpolitik ein, unter Kontrolle des Europäischen Parlaments und einer:s durch das Europäische Parlament gewählten Europäischen Finanzminister:in. Dazu gehört insbesondere die Möglichkeit, Ausgaben über Defizite zu bestreiten sowie das Erheben von Steuern. Langfristig schaffen wir dafür die notwendigen Voraussetzungen zur Gründung einer geeinten Europäischen Republik.

  • Das staatliche Währungsmonopol sichern

Um die Handlungsfähigkeit des Staates zu gewährleisten und Spekulationsblasen zu verhindern, lehnen wir eine Aufweichung des staatlichen Währungsmonopols in der Eurozone zugunsten konkurrierender privatwirtschaftlicher Währungsalternativen (sogenannter Stablecoins) entschlossen ab. Wir wollen deshalb den Umtausch und das Bezahlen mit Stablecoins verbieten. Stattdessen sollen der digitale Euro und eine E-Wallet der Europäischen Volksbank digitale Zahlungen erleichtern. Um gegen den enormen Stromverbrauch von Proof-of-Work Kryptowährungen wie Bitcoin anzugehen, wollen wir den Umtausch und das Bezahlen mit ihnen ebenfalls verbieten. Blockchain-Anwendungen, die einen tatsächlichen gesellschaftlichen Nutzen versprechen, wollen wir in Forschung und Implementierung unterstützen.

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