Demokratie: Ein Mensch, eine Stimme

Worum geht es?

Im letzten Kapitel geht es um Demokratie. Wir wollen, dass Menschen frei und ohne Zwänge zusammen leben können. Voraussetzung dafür ist, dass jeder Mensch über die Belange, die ihn oder sie betreffen, mitentscheiden darf. Dabei muss jede Stimme gleich viel zählen.

Warum ist das wichtig?

Weltweit gibt es eine neofeudale Entwicklung – auch in Deutschland und Europa. Wenige Menschen kontrollieren einen Großteil des Kapitals. Mit ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Macht, angetrieben durch den technologischen Fortschritt, setzen sie ihre eigenen Regeln. Wir kämpfen gegen diese Entwicklung. Unser Ziel: Ein Mensch, eine Stimme.

Wie soll das gehen?

Indem wir Unternehmen demokratisieren, extreme Ungleichheit abbauen, Selbstbestimmung auch im digitalen Raum schützen, Mono- und Oligopole verhindern und Lobbyismus bekämpfen.

Sieben wichtige Ziele:

  • Rückgekaufte Aktien demokratisieren
  • Gründung von Betriebsräten erleichtern
  • Extreme Vermögen abbauen
  • Dem Recht auf die eigenen Daten Verfassungsrang geben
  • Das Kartellrecht stärken
  • Bezahlte Nebentätigkeiten für Abgeordnete verbieten
  • Sicherer Hafen für Journalist:innen und Whistleblower:innen


#MERA25 #Demokratie #OligarchieBeenden


Eigentum & Mitbestimmung: Demokratie statt Oligarchie

Unsere Vision ist eine Welt, in der Menschen frei und ohne Zwänge zusammen leben. Um dieser Vision näher zu kommen, wollen wir Unternehmen und Konzerne langfristig demokratisieren. “Ein Mensch, eine Stimme” muss auch in der Arbeitswelt gelten.

Das gilt insbesondere für börsennotierte Unternehmen. Nicht Aktionäre schaffen Werte, sondern die Mitarbeiter:innen eines Unternehmens. Es sollten deshalb die Mitarbeiter:innen sein, die wesentliche Entscheidungen treffen, zum Beispiel die Wahl der Geschäftsführung, die Verteilung der Mittel und andere Grundsatzentscheidungen, die die Zukunft der Mitarbeiter:innen und des Unternehmens betreffen.

Das sogenannte Verantwortungseigentum betrachten wir als einen Schritt in die richtige Richtung, welcher aber mit einer internen Demokratisierung des Unternehmens einhergehen muss. Stimmrechte und Entscheidungsmacht dürfen nicht bei einer einzelnen Person liegen, sondern müssen gleich unter allen Mitarbeiter:innen verteilt sein.

Kleine und mittelständische Unternehmen wollen wir zur demokratischen Transformation ermutigen, sie dabei begleiten und unterstützen. Langfristig sollen demokratische Unternehmen zum verbindlichen Standard werden.

  • Rückgekaufte Aktien demokratisieren

Große Unternehmen und Konzerne kaufen ihre eigenen Aktien zurück, um Kurse und Managementboni nach oben zu treiben. Wir wollen gemeinsam mit Gewerkschaften daran arbeiten, dass Aktien, die rückgekauft werden, an einen demokratisch verwalteten Eigentumsfonds für Mitarbeiter:innen übertragen werden. Bereits rückgekaufte eigene Aktien (Non-retired treasury shares) sollen ebenfalls an den Eigentumsfonds gehen.

  • Aktienvorkaufsrecht für Eigentumsfonds

Um die Demokratisierung von Unternehmen voranzutreiben, wollen wir ein Aktienvorkaufsrecht für durch Mitarbeiter:innen demokratisch verwaltete Eigentumsfonds einführen. Wird eine Aktie unter Dritten gehandelt, so soll der Fonds das Recht erhalten, die Aktie zum gleichen Preis bevorzugt zu erwerben. Wir setzen uns dafür ein, dass derartige Initiativen mit Fördermitteln und Krediten unterstützt werden. Zusätzlich wollen wir gesetzliche Voraussetzungen für die Enteignung von Aktionären zum Zwecke der Demokratisierung von Unternehmen schaffen.

  • Staatliche Förderung an Bedingungen knüpfen

Wir wollen die staatliche Förderung großer Unternehmen und Konzerne, etwa durch günstige Kredite, Subventionen oder Direktinvestitionen, an Bedingungen knüpfen. Unternehmen, die gefördert werden wollen, sollen im Gegenzug Unternehmensanteile beziehungsweise Aktien an einen demokratisch verwalteten Eigentumsfonds aller Mitarbeiter:innen übertragen müssen.

  • Gründung von Betriebsräten erleichtern

Wir wollen die Gründung von Betriebsräten erleichtern und Initiator:innen besser vor Kündigungen schützen. Deshalb wollen wir den Kündigungsschutz für Beschäftigte, die einen Betriebsrat gründen wollen oder kandidieren, stärken. Die Be- oder Verhinderung von Gründungen sollen ein Straftatbestand werden, der von Schwerpunktstaatsanwaltschaften von Amts wegen verfolgt werden muss (Offizialdelikt). Unternehmen ohne Betriebsrat wollen wir verpflichten, jährlich ihre Beschäftigten geheim und in Abwesenheit des Arbeitgebers über die Gründung eines Betriebsrates abstimmen zu lassen.

  • Gewerkschaften stärken

Um Gewerkschaften zu stärken, setzen wir uns dafür ein, Gewerkschaftsbeiträge steuerlich absetzbar zu machen.

  • Übernahmerecht für Mitarbeiter:innen bei Werksschließungen

Wenn ein Werk geschlossen wird, werden immer wieder Werksgelände, Gebäude und Maschinen verkauft und die Mitarbeiter:innen entlassen. Wir wollen Beschäftigten die Option bieten, die Produktionsmittel des Betriebs zu übernehmen und genossenschaftlich weiter zu betreiben. Voraussetzung soll ein tragfähiger Geschäftsplan sein. Über die KfW und die Landesbanken wollen wir diese mutigen Neuanfänge mit günstigen Krediten unterstützen.

  • Die Plattformökonomie kommunalisieren

Mittels eines Förderfonds und einer Agentur für Kommunale Plattformökonomie wollen wir Kommunen befähigen, Kopien von Plattformen wie Uber, AirBNB oder Deliveroo zu entwickeln und zu betreiben. Die Vorstände solcher Plattformen sollen aus gewählten Vertreter:innen der Kommune sowie gewählten Vertreter:innen der Menschen bestehen, die über die Plattform ihre Dienstleistung anbieten. Internationale, profitgetriebene Plattformen lehnen wir ab und unterstützen kommunale Regulierungen und Verbote.

  • Daseinsvorsorge und wichtige Infrastruktur in öffentlicher Hand

Bereiche, die zur Entstehung von natürlichen Monopolen neigen (das heißt Unternehmen mit hohen Fixkosten und niedrigen Grenzkosten) sowie Bereiche, die für die Gewährleistung eines würdigen und partizipativen Lebens essentiell sind, sollten grundsätzlich in staatlicher, kommunaler oder im Einzelfall genossenschaftlicher Hand liegen, um gleichen und gerechten Zugang sowie demokratische Kontrolle zu garantieren. Insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Wohnen, Verkehr, Wasser, Entsorgung, Energie und Kommunikation unterstützen wir Kommunalisierungen beziehungsweise Vergesellschaftungen.

Steuern: Extreme Vermögenskonzentration bekämpfen

Steuern sind wichtig, um Konsum zu lenken, extreme Ungleichheit abzubauen und Inflation zu bekämpfen. Für die Finanzierung von Staatsausgaben in Staaten mit Währungssouveränität werden sie, wie im Kapitel zu Staatsausgaben beschrieben, nicht benötigt.

Die konsumlenkende Wirkung von Steuern wollen wir insbesondere nutzen, um das Klima, Ökosysteme und die Gesundheit zu schützen. Haushalte mit niedrigem Einkommen dürfen dabei nicht disproportional getroffen werden.

Darüber hinaus wollen wir Steuern nutzen, um die extreme Vermögensungleichheit in Deutschland stark zu begrenzen und abzubauen. Jede:r Milliardär:in ist ein Politikversagen. Milliardär:innen und Multimillionär:innen spiegeln ein System, indem die Leistung und Produktivität der Vielen nicht gerecht entlohnt und verteilt wird, sondern in die Taschen von Wenigen fließt. Faktisch entstehen damit Machtgefälle und Abhängigkeitsverhältnisse, die wir ablehnen.

Die extreme Konzentration von Vermögen halten wir für undemokratisch und demokratiegefährdend, weil mit der Größe eines Vermögens die Möglichkeiten politischer und öffentlicher Einflussnahme massiv steigen, etwa durch Spenden an Parteien, Kommunen oder Universitäten, Medienbesitz, bezahlte Verbands-, Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit, oder finanziellen Möglichkeiten beim Beschreiten des Rechtsweges zur Durchsetzung von Eigeninteressen. Vermögende haben einen ungleich größeren Einfluss auf die öffentliche Meinung als Nichtvermögende und wirken in Teilen ideologiebestimmend. Wir wollen die Demokratie schützen, indem wir Vermögensungleichheit stark begrenzen und abbauen.

  • Wachsende Vermögensungleichheit stoppen

Sehr große Vermögen dürfen nicht weiter wachsen. Wir befürworten deshalb einen Steuersatz von hundert Prozent auf jegliches Einkommen ab einem privaten Vermögen von zehn Millionen Euro. Betriebsvermögen und bis zu drei privat genutzte Immobilien (oder alternativ bei weniger als drei Immobilien weitere Vermögenswerte von einer Million Euro pro nicht vorhandener Immobilie) sollen nicht in die Vermögensberechnung mit einbezogen werden, Bankguthaben und Bargeld, Wertpapiere, zusätzliche Immobilien sowie wertvolle Fahrzeuge, Grundstücke, Luxus- und Kunstgegenstände ab einem Verkehrswert von 50.000 Euro dagegen schon. Bei gemeinsam verwalteten Vermögen von Lebensgemeinschaften  soll die doppelte Obergrenze, also zwanzig Millionen Euro, gelten. Es soll nicht als gemeinsames Vermögen betrachtet werden, sondern so berechnet werden, wie es nach einer Scheidung zwischen beiden verteilt wäre.

  • Extreme Vermögen abbauen

Die extreme Vermögensungleichheit muss abgebaut werden. Sehr große Vermögen wollen wir deshalb progressiv besteuern: Mit einem Prozent pro Jahr bei Vermögen über 10 Millionen Euro, 3 Prozent ab 50 Millionen, 5 Prozent ab 200 Millionen und 10 Prozent ab 500 Millionen Euro Vermögen. Betriebsvermögen und bis zu zwei privat genutzte Immobilien (oder alternativ bei weniger als drei Immobilien weitere Vermögenswerte von einer Million Euro pro nicht vorhandener Immobilie) sollen nicht in die Vermögensberechnung mit einbezogen werden, darüber hinausgehendes Bankguthaben und Bargeld, Wertpapiere, zusätzliche Immobilien sowie Sachgüter wie Fahrzeuge, Luxus- und Kunstgegenstände ab einem Verkehrswert von 50.000 Euro dagegen schon.

  • Keine Steuern auf Erbschaften unter 500.000 € & Erbschaftsobergrenze

Erbschaften, die unter 500.000 Euro liegen, wollen wir vollständig von der Erbschaftssteuer befreien. Gleichzeitig wollen wir eine Erbschaftsobergrenze in Höhe von 500.000 Euro pro Erb:in einführen. Darüber hinausgehende Sachgüter wie Immobilien, Fahrzeuge, Grundstücke, sowie Luxus- und Kunstgegenstände, die durch die:den Erb:in nicht verkauft werden, sollen ebenfalls steuerfrei sein und werden bei Vermögensbrechnungen nur mit fünf Prozent des geschätzten Wertes beachtet. Werden sie jedoch verkauft, soll, nachdem die Erbschaftsobergrenze von 500.000 Euro pro Erb:in erreicht wurde, eine Abgabe von 95 Prozent des Verkaufspreises fällig werden. Über die Obergrenze hinaus gehendes Bankguthaben, Bargeld oder Wertpapiere sollen nicht vererbbar sein. Betriebsvermögen des Toten soll demokratisiert, das heißt in die Hand der Mitarbeitenden des Betriebs gelegt werden. Veröffentlichtes geistiges Eigentum soll gemeinfrei werden. Für Verwitwete soll das Vermögen der verstorbenen Partner:in vollständig und steuerfrei erbbar sein. Damit die Erbschaftsobergrenze nicht durch mehrere Erbschaften oder Schenkungen aufgeweicht wird, wollen wir die Gesammtsumme betrachten, das heißt, auch frühere Erbschaften und Schenkungen einbeziehen.

  • Das Gemeinnützigkeitsrecht reformieren

Um die politische Macht von einzelnen Großspender:innen einzuschränken und die Philanthropie zu demokratisieren, wollen wir das Gemeinnützigkeitsrecht grundsätzlich reformieren. Jede:r Bürger:in soll ein jährliches Spendenbudget von 200 Euro erhalten, welches ausschließlich an nicht gewinnorientierte Organisationen gespendet werden kann. Für die empfangenden Organisationen sind diese Spenden steuerfrei. Alle weiteren Spenden wollen wir in Höhe der normalen Unternehmenssteuersätzen besteuern. Für Spender:innen sollen Spenden oberhalb des jährlichen Spendenbudgets nicht länger von der Steuer absetzbar sein.

  • Finanzmarktaktivitäten gerecht besteuern

Zinsen, Dividenden und andere Kapitalerträge, sowie Gewinnmargen beim Verkauf von Aktien und sonstigen Wertpapieren, sollen mit dem restlichen monatlichen Einkommen einer Person verrechnet werden und der normalen Einkommensbesteuerung unterliegen. Eine separate (niedrigere) Besteuerung von Kapitalerträgen, wie mit der Kapitalertragssteuer der Fall, lehnen wir ab.

Lobbyismus: Offenlegen und bekämpfen

Jede Demokratie muss auf dem Prinzip „Ein Mensch, eine Stimme“ basieren. Die ausufernde Einflussnahme der deutschen, europäischen und globalen Oligarchie und ihrer Lobbyist:innen wollen wir offenlegen und bekämpfen.​​​​​​

  • Bezahlte Nebentätigkeiten verbieten

Abgeordnete:r zu sein ist ein Vollzeitjob. Deswegen wollen wir jegliche bezahlten Nebentätigkeiten wie Vorträge oder Beratungsmandate für Parlamentarier in Vollzeitparlamenten verbieten. Einkünfte aus anderen Quellen (zum Beispiel aus Mietverträgen) sollen unmittelbar und vollständig dem entsprechenden Parlament gemeldet und veröffentlicht werden müssen.

  • Obergrenze für Parteispenden

Um sicherzustellen, dass vermögende Menschen nicht mittels Parteispenden Einfluss kaufen können, wollen wir Spenden an Parteien auf maximal 10.000 € pro Person und Jahr deckeln. Alle Spenden ab 1000 Euro sollen unmittelbar veröffentlichungspflichtig sein. Unternehmensspenden und Parteisponsoring wollen wir verbieten.

  • Privilegien für Parlamentarier:innen abbauen

Ausufernde Privilegien für Parlamentarier:innen führen dazu, dass Abgeordnete den Bezug zur durchschnittlichen Bevölkerung verlieren und Machterhalt wichtiger wird als die politische Arbeit zum Wohle der Allgemeinheit. Wir wollen deshalb die Privilegien für Abgeordnete stark abbauen. Diäten müssen sich an Durchschnittsgehältern orientieren. Das Übergangsgeld sollte auf drei Monate begrenzt werden. Sozialversicherungsbeiträge sollen wie in einem normalen Arbeitsverhältnis fällig werden. Zudem wollen wir die Parlamentarier:innen dazu verpflichten ihre Einkommens- und Vermögenssituation einmal pro Jahr offenzulegen, so wie es beispielsweise in Griechenland der Fall ist.

  • Ein echtes Transparenzgesetz

Staatliche Daten und Dokumente müssen öffentlich zugänglich sein – maschinenlesbar und mit offenen Schnittstellen. Deshalb wollen wir das Informationsfreiheitsgesetz zu einem echten Transparenzgesetz weiterentwickeln. Schwärzungen und eine Zurückhaltung von Dokumenten darf es dabei nicht geben. Der Staat darf keine Geheimnisse vor seinen Bürger:innen haben – die Enthüllungen von Wikileaks und Co. zeigen das.

  • Lücken im Lobbyregister schließen

Wir wollen die Lücken im Lobbyregister schließen. Dazu gehört, dass alle Lobbyist:innen finanziellen Aufwand und Ziele angeben müssen. Ausnahmen für einzelne Interessenvertretungsgruppen darf es nicht geben. Ferner wollen wir das Lobbyregister um einen legislativen und exekutiven Fußabdruck ergänzen. Es muss dokumentiert werden, wer an der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs beteiligt war.

  • Das Wirtschaftsprüfungswesen umgestalten

Wirtschaftsprüfungsgesellschaften unterliegen gegenwärtig einer Anreizstruktur, die sie dazu tendieren lässt, bei der Überprüfung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften so manchen Buchhaltungs- oder Bilanzierungsfehler nicht auszuweisen, da ihr Auftraggeber das zu prüfende Unternehmen selbst ist. Wir wollen diesen Moral Hazard abstellen, indem wir fordern, dass künftig die staatliche Finanzverwaltung Wirtschaftsprüfungen von Kapitalgesellschaften in Auftrag gibt und bezahlt. Überdies werden wir die strikte Trennung von Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsgesellschaften mandatieren, damit dieselben Leute, die die Bücher einer Firma überprüfen, nicht anderen Firmen Hinweise geben, wie sich Ungenauigkeiten in Bilanzen effektiv verschleiern lassen. Eine solche Aufspaltung der Tätigkeitsbereiche sorgt außerdem für mehr Wettbewerb und Unternehmensvielfalt auf einem Markt, der bisher von einem Oligopol aus lediglich vier großen Konzernen dominiert wird.

Datenschutz & KI: Selbstbestimmung und klare Richtlinien

Dass Einzelne selbst darüber bestimmen können, welche Daten preisgegeben werden und wie sie verwendet werden können, ist ein Grundrecht. Wir wollen dieses Recht auf informationelle Selbstbestimmung weiter stärken und für zukünftige Innovationen wappnen. Zudem werden wir praktische Richtlinien und moderne Bildungsprogramme entwickeln, um die Medien- und Datenkompetenz von Unternehmen und Bürger:innen zu fördern.

Künstliche Intelligenz und andere Systeme automatisierter Entscheidungsfindung werden unsere Welt grundsätzlich verändern. Wir glauben, dass automatisierte Entscheidungsfindung viele positive Eigenschaften hat und dabei helfen kann, Probleme zu lösen und gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern, sie aber auch gravierende Fragen technischer, ethischer und sozioökonomischer Natur mit sich bringt. Deshalb brauchen wir klare Regeln und Richtlinien sowohl auf einzelstaatlicher als auch überstaatlicher Ebene, wie wir zukünftig mit automatisierter Entscheidungsfindung umgehen.

  • Dem Recht auf die eigenen Daten Verfassungsrang geben

Wir setzen uns dafür ein, dass die exklusive Verfügung über die eigenen personenbezogenen Daten im Kontext der elektronischen Kommunikation explizit genannt und als unveräußerliches Grundrecht in das Grundgesetz der Bundesrepublik, sowie die Grundrechtecharta der Europäischen Union, aufgenommen wird.

  • Labels für Digitalprodukte einführen

Wir wollen nutzerfreundliche Labels einführen, die potentielle Nutzer eines Online-Dienstes oder Käufer eines Digitalproduktes über kritische Faktoren informieren, ähnlich wie Nährwerte auf Nahrungsmittel-Packungen gelistet werden. Diese Digital-Labels sollen standardisiert sein und wichtige Merkmale in einem kompakten, leicht verständlichen Format zusammenfassen. Beispiele für Merkmale können sein, wie und wo die Daten gespeichert werden und in welchem Land das Unternehmen Steuern zahlt. Die Labels sollen auch für solche Online-Dienste gelten, die von Nutzerdaten profitieren, selbst wenn die Registrierung des Nutzers keine bewusste Zahlung z.B. in Form eines Mitgliedsbeitrags erfordert.

  • Kritische digitale Aspekte in Wirtschaftsprüfungen integrieren

Wir wollen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften verpflichten, parallel zum Jahresabschluss bei Digital-Unternehmen Informationen zur Qualität und Sicherheit der technischen Infrastruktur einzuholen. Bei Unternehmen, die Daten zu mindestens 1 Million Personen besitzen, sollen in diesem Rahmen verpflichtend Penetrationstests ihrer Server/Webseiten/Apps durchgeführt werden, um Datenleaks und schädlichen Fehlfunktionen vorzubeugen. Ebenso soll bei diesen sichergestellt werden, dass nicht nur die IT-Abteilung sondern auch alle übergeordneten Personen ein Seminar zum Datenschutz besucht haben. Kleinen und mittelständischen Unternehmen, deren jährliches Einkommen das Fünfzigfache der neuen Kosten unterschreitet, wollen wir bei der Implementierung der Vorschriften mit Fördermitteln unbürokratisch unter die Arme greifen.

  • Nichtpersonalisierte Nutzung ermöglichen

Wir wollen Nutzer:innen das Recht geben, eine nichtpersonalisierte Nutzung von Plattformen und anderen digitalen Diensten in Anspruch zu nehmen, sodass ihre Daten nicht für Zwecke erhoben und genutzt werden, die für den eigentlichen Dienst nicht notwendig sind – zum Beispiel für die Personalisierung von Werbeanzeigen. Die Kontrolle soll von eigens dafür geschaffenen oder bestehenden Institutionen durchgeführt werden, anstatt dass sich wie aktuell auf die Selbstregulierung der Unternehmen und die sogenannten „Marktkräfte“ verlassen wird.

  • Einheitliche, verbindliche Standards für automatisierte Entscheidungsfindung

Grundlegend setzen wir uns für die Ausarbeitung und Umsetzung technischer Mindestanforderungen und Standards ein, welche Transparenz, Zuverlässigkeit und Sicherheit garantieren. Hierzu zählt auch die verpflichtende Verwendung von geprüften und diskriminierungsfreien Datengrundlagen. Des Weiteren wollen wir ethische Standards einführen, die jegliche Art der Diskriminierung und Ausgrenzung durch automatisierte Entscheidungsfindung unterbinden. Diese Standards sollen ebenfalls dazu dienen, dass die Privatsphäre und der Datenschutz aller Stakeholder gewährleistet werden kann.

  • Anwendungsbereiche für automatisierte Entscheidungsfindung definieren

Da automatisierte Entscheidungsfindung in nahezu allen Sektoren angewendet werden kann, sprechen wir uns für eine klare Definition der Anwendungsbereiche aus sowie für das Verbot von automatisierte Entscheidungsfindung in gewissen Sektoren. Klare Verbote sollen im Falle von militärischen Einsätzen, polizeilicher Ermittlung, Geheimdienstarbeit, biometrischer Gesichtserkennung, Zugang zu staatlichen Dienstleistungen und der Bewertung sozialen Verhaltens gelten. Außerdem müssen in anderen Bereichen wie zum Beispiel der Medizin und dem Gesundheitswesen klare Grenzen gelten, wie weit Algorithmen verwendet werden dürfen und in welcher Form die teils hoch sensiblen Daten diesen zu Verfügung stehen. Für von automatisierten Entscheidungen Betroffenen wollen wir ein Recht auf menschliche Intervention einführen.

  • Transparenz schaffen

Immer häufiger kommt es vor, dass Nutzer:innen nicht wirklich wissen, ob sie mit einer Maschine oder realen Person interagieren. Daher wollen wir uns dafür einsetzen, dass künftig klar ausgewiesen sein muss, ob man mit einer Maschine interagiert, um mehr Transparenz zu schaffen. Außerdem soll es für Nutzer:innen klarer erkenntlich sein, welche Daten wie verarbeitet werden. Dabei soll jeder das Recht auf die Option eines „Opt-out“ haben, wenn man es vorzieht, ein Standardergebnis eines Algorithmus zu bekommen, statt dass persönliche Daten für das Ergebnis verwendet werden.

Wettbewerb & Innovation: Monopolbildung verhindern

Vor allem in der digitalen Wirtschaft sehen wir eine zunehmende Marktkonzentration, welche zur Bildung von Monopolen führt. Diese Unternehmen kommen vor allem aus den USA oder China und lassen in vielen Bereichen durch ihre Marktmacht kaum noch Wettbewerb zu. Daher brauchen wir weitreichenden Maßnahmen, mit denen wir eine unabhängige und global integrierte europäische digitale Wirtschaft schaffen können.

  • Kartellrecht stärken

Aufgrund der immer stärker werdenden Marktmacht und Monopolbildung großer Unternehmen wollen wir das Kartellrecht verschärfen. Unternehmen dürfen nicht länger ihre Marktmacht ausnutzen, wie sie es z.B. durch den Transfer von Daten und die Integration innerhalb ihrer verschiedenen Dienstleistungen oder durch die Ausnutzung von Netzwerkeffekten praktizieren. Vor allem wollen wir das Kartellrecht in Deutschland und Europa stringenter durchsetzen, was sowohl Geldstrafen als auch die Zerschlagung von Unternehmen als Folge nach sich ziehen kann.

  • Steuerflucht unterbinden

Unter den aktuellen Regularien können digitale Unternehmen in der EU ihre Gewinne und Vermögenswerte in Steueroasen verschieben. Wir wollen die Steuerflucht von Unternehmen unterbinden. Dafür bedarf es einer stärkeren europaweiten Zusammenarbeit.

  • Innovation fördern

Um unser Ziel einer unabhängigen und global integrierten digitalen Wirtschaft zu erreichen, bedarf es umfangreicher Maßnahmen zur Innovationsförderung. Ein wichtiger Aspekt sind Investitionen in staatliche Grundlagenforschung. In diesem Rahmen möchten wir eine höhere Attraktivität von universitärer Forschungsarbeit schaffen. Fördergelder für private Unternehmen wollen wir an klare soziale und datenschutzrechtliche Bedingungen knüpfen.

  • Innovation als Gemeingut

Innovation soll als Gemeingut verstanden werden und sich nicht nur auf das wirtschaftliche Wachstum privater Unternehmen beschränken, sondern vielmehr in einem inklusiven System stattfinden, in dem alle Stakeholder wie z.B. Nutzer:innen, Angestellte und Bürger:innen gleichbedeutend sind und zum Gemeinwohl beitragen. Dies bedeutet auch, dass Innovationen, die auf öffentlicher Grundlagenforschung basieren, gemeinfrei bleiben und nicht patentiert werden dürfen. Damit einhergehend wollen wir das Urheberrecht einschränken und die Beweislast so umkehren, dass etwas solange digitales Allgemeingut bleibt, bis auf verhältnismäßige Art und Weise der Nachweis erbracht ist, dass es geschützt ist. Außerdem wollen wir Urheberrechtsrichtlinien so reformieren, dass die Rechte von Nutzer:innen, Autor:innen und Innovator:innen angemessen ausbalanciert sind.

  • Netzneutralität und freies Internet

Wir wollen die Netzneutralität für alle Nutzer:innen gewährleisten, egal, ob es sich hierbei um mobile Daten oder die Übertragung per Kabel oder DSL handelt. Internetprovider dürfen nicht in die Inhalte der Nutzer:innen eingreifen, indem sie z.B. die Geschwindigkeit der Datenübertragung gewisser Inhalte drosseln oder andere Inhalte bevorzugen, die bei mobilen Tarifen nicht in das Datenvolumen mit einberechnet werden. Um ein neutrales und chancengleiches Internet zu gewährleisten, müssen daher alle Inhalte unter den gleichen Bedingungen übertragen werden. Darüber hinaus wollen wir es Providern und privaten Unternehmen untersagen, Inhalte oder Webseiten selbstorganisiert und außergerichtlich zu zensieren oder zu sperren. Hierzu zählt ebenfalls der Einsatz von Uploadfiltern, um urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen. Falls Konten oder Inhalte gesperrt werden, müssen die Gründe hierfür transparent an die betroffenen Nutzer:innen kommuniziert werden und die Möglichkeit vorhanden sein, eine Entsperrung dieser Inhalte in einem ebenfalls einfachen und transparenten Weg zu beantragen.

  • Förderung der lokalen Wirtschaft

Zwar können digitale Dienste und Plattformen positive Effekte auf Teile der lokalen Wirtschaft haben, jedoch bringen diese oftmals weitreichende negative Effekte mit sich. Zum Ausgleich gegen die immer stärker werdende Marktmacht und Auswirkungen auf die lokale Wirtschaft wollen wir letztere sowie Plattform-Genossenschaften stärker fördern.

Pressefreiheit: Journalist:innen & Whistleblower:innen schützen

Die Pressefreiheit ist das Rückgrat einer demokratischen Gesellschaft. Journalist:innen und Whistleblower:innen kontrollieren die Mächtigen und decken Fehlverhalten und Machtmissbrauch auf. Wir wollen sie und ihre Arbeit schützen – in Deutschland, Europa und weltweit.

Wir bekennen uns zu einer vielfältigen Medienlandschaft und wollen der zunehmenden Oligopolisierung von Medien entgegentreten. Den Zugang zu vielfältigen Medien wollen wir so niedrigschwellig wie möglich gestalten. Dazu gehört auch, dass wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bewahren und entwickeln möchten.

  • Freiheit für Julian Assange

Wir verurteilen die internationale Verfolgung, unmenschliche Behandlung und Folter von Julian Assange aufs Schärfste. Ebenso verurteilen wir das Schweigen der Mitglieder der Bundesregierung, die durch ihre stille Zustimmung zu Mittäter:innen geworden sind. Wir setzen uns für die unverzügliche Freiheit für Julian Assange ein.

  • Sicherer Hafen für Journalist:innen und Whistleblower:innen

Deutschland und die EU soll zum sicheren Hafen für Journalist:innen und Whistleblower werden. Um sie dauerhaft vor politischer Verfolgung zu schützen, wollen wir unbürokratisch humanitäre Visa ausstellen und ihnen ein Asylangebot machen. Die Sicherheitsbehörden müssen sicherstellen, dass sie hier sicher leben und ihre Arbeit fortsetzen können.

  • Schutz für Whistleblower:innen

Wir setzen uns dafür ein, dass die EU-Whistleblower-Richtlinie schnell umgesetzt wird. Der Schutz muss auf nationales Recht und jegliche Bereiche, die im öffentlichen Interesse liegen, ausgeweitet werden. Größere Unternehmen wollen wir verpflichten, intern anonyme Meldestellen zu schaffen.

  • Journalist:innen vor Geheimdiensten schützen

Journalist:innen dürfen nicht von Geheimdiensten ausgespäht werden. Wir wollen deshalb erreichen, dass Journalist:innen vor jeglichem Zugriff durch Geheimdienste, etwa im Rahmen des BND-Gesetzes, durch Staatstrojaner oder durch Software wie Pegasus, geschützt sind.

  • Anti-SLAPP-Richtlinie einführen

Um Journalist:innen vor missbräuchlichen Klagen zu schützen, unterstützen wir das Einführen einer EU-weiten Richtlinie gegen sogenannte SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation – strategische Klagen gegen die Beteiligung der Öffentlichkeit). Offensichtliche SLAPPs sollen frühzeitig zurückgewiesen werden können und ihr Missbrauch unter Strafe stehen. Die Opfer von SLAPPs wollen wir finanziell bei der juristischen Verteidigung unterstützen.

  • Weltweit für Pressefreiheit einsetzen

In der Außenpolitik wollen wir uns entschlossen für die Pressefreiheit einsetzen. Mit Ländern, in denen Journalist:innen unter Verfolgung leiden und in denen keine Besserung in Sicht ist, wollen wir wirtschaftliche Beziehungen abbauen. Handels- und Investitionsabkommen wollen wir an den Schutz einer freien Presse knüpfen.

  • Mediengutscheine

Um mehr Menschen Zugang zu einem vielfältigen Angebot an Qualitätsmedien zu ermöglichen, wollen wir jede:m Bürger:in Mediengutscheine zur Verfügung stellen, die genutzt werden können, um Abonnements abzuschließen.

Für Vision und Verantwortung: Das Grundsatzprogramm von MERA25 lesen